Erschienen in Auf Asche #18 - April 2016

Erschienen in Auf Asche #18 – April 2016

Fünf Jahre nach dem aufgezwungenen Abgang vom Altenbergshof geht es beim Traditionsverein VfB Nord langsam wieder bergauf. Der totgeglaubte Verein will wieder an alte Erfolge anknüpfen.

Von Martin Herms

Das Jahr 2011 wird als das wohl traurigste Kapitel in die Vereinsgeschichte des VfB Nord eingehen. Der Traditionsverein aus Altenessen, der in diesem Frühjahr sein 107-jähriges Bestehen feiern darf, musste zwei schwere Verluste hinnehmen. Zunächst musste der VfB seine geliebte Heimat am Altenbergshof verlassen. Der umstrittene „Masterplan Sport“ hatte die Schließung der altehrwürdigen Spielstätte vorgesehen, auf der die Nordler einst den Aufstieg in die Verbandsliga feierten. Notgedrungen nahm der Verein das Angebot der Stadt an und zog zur benachbarten Seumannstraße, um dort im Schatten des Hauptnutzers ESC Preußen den Trainings- und Spielbetrieb der wenigen verbliebenen Mannschaften fortzuführen. Wenige Monate später ereilte die Blau-Weißen ein schwerer Schicksalsschlag. Marian Chacinski, langjähriger Geschäftsführer und Vereinsboss, starb nach langer Krankheit im Alter von 52 Jahren.

Da Chacinski aufgrund seiner Verdienste nicht umsonst den Namen „Mr. Nord“ inne hatte, machte schnell das Gerücht vom Aus für den VfB Nord die Runde. „Der Verein war tot. Keiner hat mehr daran geglaubt, dass es weitergeht“, erinnert sich Markus Brinkmeier. Der heutige Sportliche Leiter war damals noch nicht im VfB-Boot. Erst vor zwei Jahren folgte der frühere Trainer von BV Altenessen dem Lockruf der neuen Vereinschefin der Nordler, Claudia Chacinski. Die Frau des verstorbenen Klubbosses war es, die den Verein nach dem Tod ihres Mannes in den letzten Jahren erfolgreich über Wasser hielt. Zugetraut hatten ihr das nur wenige. „Der Verein hatte erst die Heimat und dann seine Galionsfigur verloren. Und dann sollte er von einer Frau geführt werden. Einige Außenstehende haben damals nicht daran geglaubt, dass der Verein das überleben wird. So war die allgemeine Meinung in der Fußballszene“, sagt Brinkmeier. „Aber Claudia hat es geschafft. Sie hat das Lebenswerk ihres Mannes erfolgreich fortgeführt. Vor dieser Leistung kann man nur den Hut ziehen.“

Markus Brinkmeier ist seit zwei Jahren Sportlicher Leiter des VfB.

Markus Brinkmeier ist seit zwei Jahren Sportlicher Leiter des VfB.

Angesichts der Umstände an der Seumannstraße, die nur einen Steinwurf von der alten Heimat am Altenbergshof entfernt liegt, ist es erstaunlich, dass es beim VfB seit einigen Jahren wieder bergauf geht. Der kleine Verein wird vom Hausherren ESC Preußen bestenfalls geduldet. „Das Verhältnis ist stark angespannt“ erklärt Brinkmeier. Das Vereinsleben der Nordler spielt sich seit knapp fünf Jahren in anderthalb kleinen Containerräumen ab. Ein trostloser Anblick. Zudem müssen die Seniorenteams damit leben, offiziell nur eine Trainingseinheit auf Kunstrasen austragen zu können. Am anderen Tag geht es auf den ungeliebten Aschenplatz. „Die Bedingungen sind schwierig. Uns sind aber nach wie vor die Hände gebunden“, sagt Brinkmeier.

Nichtsdestotrotz ist es ihm und seinen Mitstreitern gelungen, den totgesagten Verein wieder ins Rampenlicht zu rücken. Die erste Mannschaft überzeugt sportlich und ist auf bestem Wege, wieder in die Kreisliga A aufzusteigen. Mit Gökhan Bilen und Lars Anhalt wurden in der Winterpause zwei namhafte Spieler verpflichtet, die dieses Ziel verwirklichen sollen. „Je höher wir spielen, desto leichter wird es für uns, weitere Leute für unseren Verein zu gewinnen. Wir wollen wachsen und bald wieder einige Jugendteams ins Rennen schicken“, betont Brinkmeier.

Ex-Profi Ivan Klasnic wird bei den Nordlern häufig als Zuschauer gesichtet.

Ex-Profi Ivan Klasnic wird bei den Nordlern häufig als Zuschauer gesichtet.

Ein Anreiz für die Jugendlichen wäre unter Umständen eine Trainingseinheit mit dem ehemaligen Bundesliga-Profi Ivan Klasnic. Der frühere Torjäger gehört dank freundschaftlicher Kontakte zu den regelmäßigen Besuchern der Blau-Weißen. In der Hinrunde leitete er sogar eine Trainingseinheit. Brinkmeier: „Das ist für alle Beteiligten eine super Sache. Es zeigt aber auch, dass der Verein wieder lebt. Und dass, obwohl er vor erst fünf Jahren eigentlich schon tot war. •

Fotos: Team-Shooting, Kerstin Tietje